Clotrimazol, Clobetasolpropionat, Delagil Creme

[Nordlicht]

Liebe Kollegen.
Wir sollen folgende Rezeptur herstellen:
Clotrimazol 1,0%
Clobetasolpropionat 0,05%
Delagil Creme ad 45,0g

Eine Nachfrage beim Hersteller Dermapharm ergab keine Hinweise hinsichtlich der Kompatibilität, aber immerhin einen pH-Wert der Delagil-Creme von 6,5-7,5.

Nun zu meinem Problem:
Clotrimazol mit einem pH-Optimum von 7-8 passt meiner Meinung nach weder zum Clobetasolpropionat (pH-Optimum 4-6), noch passt das Clobetasolpropionat vom pH-Wert zur Grundlage.

Könnte man dem Arzt empfehlen, auf Triamcinolonacetonid (pH-Optimum 6,5-7) auszuweichen?

Leider hat ein Anruf bei der Apotheke im Hause des verordnenden Hautarztes ergeben, dass diese die Rezeptur so wie verordnet herstellt. Es wird also schwierig werden, den Arzt von der Nichtkompatibilität zu überzeugen...

Ich bin für jeden Tip dankbar!

[Wolf]

Liebe Kollegin Nordlicht,

es gibt zwei verschiedene Lösungen des Problems.
Die erste haben Sie schon angedeutet. Dies würde jedoch bedeuten, dass Sie einen \"Klassenwechsel\" bei den Glucocorticoiden vornehmen: Clobetasol-17-propionat (= Klasse IV), Triamcinolonacetonid (= Klasse II). Es könnte sein, dass der Verordner in diesem Punkt Ihnen widerspricht.
 
Deshalb sollten Sie eine zweite, alternative Lösung parat haben. Zur Stabilisierung des Clobetasol-17-propionat wird der Citrat-Puffer hinzugegeben. In diesem Milieu wäre Clotrimazol in seiner Stabilität gefährdet. Daher sollte es gegen das säurestabile Bifonazol oder Miconazolnitrat ausgetauscht werden.

Die Verwendung eines synthetischen Gerbstoffs in Form der Delagil - Creme erscheint unter folgendem Aspekt wenig plausibel. Gerbstoffe wirken eiweißfällend, adstringierend, abdichtend auf die obersten Hautschichten. Dadurch würde die Resorption der beiden anderen Wirkstoffe behindert. Ob das dem Verordner bewußt ist?

Frohe Pfingsten
Gerd Wolf

[Nordlicht]

Lieber Herr Wolf.
Vielen Dank für Ihre hilfreiche Antwort. Der Patient hat das Rezept leider wieder mitgenommen, da eine andere Apotheke die Rezeptur problemlos herstellen könne. Ein Anruf in der betreffenden Apotheke hat nur ergeben, dass das immer so hergestellt würde, da Zitat: \"das Programm sagt, dass alles kompatibel ist\". Das macht es uns natürlich noch schwerer, dem Patienten und dem Arzt zu vermitteln, dass bestimmte Rezepturen so nicht \"funktionieren\"... Ich gebe aber nicht auf und werde aber beim nächsten Rezept einen neuen Versuch starten.

Ich wünsche Ihnen eine gute Restwoche mit hoffentlich einigen Sonnenstrahlen.

[Wolf]

Liebe Kollegin Nordlicht,

es tut mir leid, dass Ihr Patient das Rezept wieder mitgenommen hat. Mich würde noch interessieren, mit welchem Programm die besagte andere Apotheke die Rezeptur geprüft hat?
Hierzu fällt mir noch der Satz des neuen BAK-Präsidenten Dr. Kiefer ein, den er kürzlich auf einem Train-the Trainer-Seminar zum Thema Unterlagen und Listen zum Plausibilitätscheck von sich gab: \"Die Listen sind nicht dazu da, den pharmazeutischen Sachverstand auszuschalten. Es ist unsere Aufgabe, sie mit diesem Sachverstand zu beurteilen.\"

Einen schönen, ruhigen Abend wünsche ich Ihnen
G. Wolf

[Nordlicht]

Lieber Herr Wolf.
Besser spät als nie: Die betreffende Apotheke prüft die Plausubilität mit dem Dr. Lennartz-Laborprogramm. Entweder liefert das Programm andere Ergebnisse als mein, momentan manchmal recht verwirrter, pharmazeutischer Sachverstand oder ich besitze selbigen dann doch nicht  

Das gleiche Problem hatten wir gestern übrigens mit derselben Hautarztpraxis und Apotheke bei folgender Rezeptur:
Acidum sal. 5%
Clobetaslopropionat 0,05%
Eucerinum cum aqua ad 30,0g

M.E. ist dies wegen der unterschiedlichen pH-Werte keine sinnvolle Kombination. Ein Anruf in der Arztpraxis (sie haben leider kein Faxgerät) endete damit, dass der Arzt mich ziemlich unfreundlich dazu aufforderte, das Rezept dann bitte in die Apotheke in seinem Haus zu bringen. Die würden das so herstellen. Gefolgt von einem Aufknallen des Telefonhörers.
Mir blieb jetzt wirklich nichts anderes übrig, als die Rezeptur wie verordnet herzustellen um den Kunden nicht völlig zu verärgern.

Herzliche Grüße aus dem Norden!

[Wolf]

Liebes Nordlicht,

was sage ich immer in meinem Workshops? Die Listen, die inzwischen alle Apotheken zur Plausibilitätsprüfung heranziehen, dürfen nicht wie das \"letzte Bibelwort\" verstanden werden. Oder um es mit den Worten unseres BAK-Präsidenten auszudrücken: \"Die Listen sind nicht dazu da, den pharmazeutischen Sachverstand abzuschalten. Sie müssen gerade mit diesem Sachverstand beurteilt werden.\"
An dem Dr. Lennartz-Laborprogram hat Herr Dr. Ziegler mitgewirkt. Dr. Ziegler hat bekanntlich eine eigene Liste herausgebracht, deren 1. Auflage verschiedene Fehler enthielt. Es sollte daher nur die 2. Auflage benutzt werden. Auch andere Rezepturhilfen weisen Fehler auf.
Mit dem uneinsichtigen Arzt würde ich nur noch schriftlich verkehren, nicht telefonisch. Alle Ärzte sind derzeit genervt von den vielen Anrufen aus Apotheken, die zudem noch häufig mitten in der Sprechstunde erfolgen. Darüber kann kein Arzt begeistert sein.
In Ihrem Fall würde ich eine pH - Messung der fertigen Rezeptur (wie, das wissen Sie?) machen und dieses Ergebnis zusammen mit dem Stabilitätsoptimum von Clobetasolpropionat (pH 4 - 6) dem Arzt mitteilen. Dann sollte sich einmal Ihr Chef oder Chefin mit der besagten Apotheke in dem Haus des Arztes kurzschließen und versuchen, einen Konsens herbeizuführen. Ich bin gerne bereit, Ihnen dabei zu helfen.
Gut wäre es auch, sich mit dem Arzt außerhalb der Sprechstunde in aller Ruhe zu treffen. Dabei sollten neben dem Chef auch alle Mitarbeiter dabei sein, die mit Rezepturen in Ihrer Apotheke befaßt sind.

Ein schönes Wochenende möglichst ohne Probleme.
G. Wolf