Ganz ruhig, sehr geehrte Frau Widmaier!
Plausibel ist die Mischung dreier unterschiedlicher Vehikel-Systeme auf jeden Fall nicht. Damit muss man das Konzept des Arztes im Sinne der BAK-Leitlinien als \"nicht klar erkennbar\" bezeichnen.
Eucerin. cum aqua stellt vom Vehikel-Typ her eine pestizidarme, wollwachshaltige lipophile Creme bzw. W/O - Creme dar, die uns unkonserviert vom Großhandel geliefert wird. Laut NRF hätte sie dann nur eine Aufbrauchfrist von 4 Wochen in einer Tube.
Lipophile Cremes sind indiziert bei einer chronischen Hauterkrankung und bei Vorliegen einer trockenen bis sehr trockenen, eventuell schuppenden Haut. Bei einer längeren Anwendungsdauer müßte nachkonserviert werden.
Ungt. leniens wäre auch als lipophile Creme, genauer noch als Pseudo-W/O-Creme zu bezeichnen. Sie wird immer dann von Dermatologen eingesetzt, wenn eine sehr empfindliche Haut vorliegt und eine Grundlage gesucht wird, die möglichst wenig Noxen enthält. Emulgatoren wären u.a. solche Noxen. Also wählt der Verordner hier eine emulgatorfreie W/O-Creme aus. Als außergewöhnlichen Nebeneffekt besitzt die Ungt. leniens, wie ihr deutscher Name schon ausdrückt, einen Kühleffekt, den klassische W/O-Cremes nicht haben. Ungt. leniens ist ebenfalls unkonserviert und müßte ebenfalls gegebenenfalls nachkonserviert werden
Diese Gründe widersprechen der gleichzeitigen Entscheidung für die Eucerin. cum aqua, die Wollwachsalkohole als W/O - Emulgator und als bekanntes Allergen enthalten. Hier sehe ich einen Bruch im Konzept.
Topisolon Fettsalbe stellt vom Vehikel-System her eine W/O-Absorptionssalbe dar, die ein mittelstarkes Glucocorticoid enthält. W/O - Absorptionssalben erzeugen ähnlich wie W/O-Cremes eine mäßige Okklusion auf der Applikationsstelle. So betrachtet harmonieren zwar die drei Grundlagensysteme miteinander, wenn auch die Auswahl nicht ganz rational nachvollziehbar erscheint.
Wenig Sinn macht auch die Verdünnung des Glucocorticoids. Es ist nämlich bekannt, dass alle extern aufgetragenen Kortikoide sich zunächst im Stratum corneum anreichern, dort sozusagen ein Depot aufbauen. Aus diesem Depot diffundieren ganz langsam die Kortikoide in tiefere Hautschichten. Mit solchen Verdünnungsrezepturen hat man früher das Nebenwirkungsrisiko gedacht mindern zu können. Diese Ansicht kann heute nicht mehr aufrecht erhalten werden. Heutzutage wählt man unter diesem Gesichtspunkt nebenwirkungsarme Vertreter aus, die einen so genannten \"Therapeutischen Index\" von 2 haben. Dieser Wert sagt aus, dass das Verhältnis von Haupt- zu Nebenwirkungen besonders günstig ist. Hierzu gehören die folgenden 4 Vertreter: Mometasonfuroat, Prednicarbat, Methylprednisolonaceponat und Fluticasonpropionat.
Quintessenz: Diese Rezeptur erscheint sowohl aus therapeutischer als auch galenischer Sicht wenig plausibel.
Mir erscheint folgende Verordnung wesentlich sinnvoller und auch preiswerter:
Mometasonfuroat o,o5 % / o,1 % (Kortikoid mit TIX-Wert 2)
Hydropobe Basiscreme DAC (NRF S.41.) ad 100,o g (wollwachsfreie W/O - Creme)
