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Autor Thema: Uneinsichtige Dermatologen  (Gelesen 5141 mal)

Nordlicht

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Uneinsichtige Dermatologen
« am: 10. Dezember 2012, 12:43:54 »
Liebe Kollegen
Wir haben ein Problem mit einer Hautarztpraxis. Diese verordnet des öfteren Rezepturen, die augenscheinlich nicht herstellbar sind bzw. bei denen es zu offensichtlichen Wechselwirkungen der Wirkstoffe untereinander (z.B. Betamethasonvalerat und Salicylsäure in UEA) oder der Wirkstoffe mit der Grundlage (z.B. Miconazolnitrat in anionischer hydrophiler Creme) kommt. Trotz eines Faxes mit der schriftlichen Begründung für die Wechselwirkung und einer Kopie unserer Quelle (Rezepturbuch von Herrn Wolf, Inkompatibilitätstabelle für ionische Wechselwirkungen) besteht die Arztpraxis darauf, dass die Rezepturen wie verordnet hergestellt werden, da sie das ungefähr 20.000 Mal am Tag verordnen und das ja auch sonst immer funktioniert hätte.
Wie handhaben Sie solche Fälle? Darf man solche, offensichtlich weniger wirksamen, Rezepturen überhaupt herstellen?
Ich würde mich über Tipps freuen.
Vielen Dank

Wolf

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  • Beiträge: 1.953
Aw: Uneinsichtige Dermatologen
« Antwort #1 am: 10. Dezember 2012, 18:35:59 »
Hallo Frau Nordlicht,

Sie schneiden ein ganz prekäres Thema an: Kommunikation zwischen Apotheke und Dermatologen. Wenn hier nur Rationalität im Vordergrund stehen würde, wäre die Sache ganz einfach. Da hier aber auch irrationale und psychologische Momente eine ganz wesentliche Rolle spielen, macht es die ganze Angelegenheit kompliziert. Empirie d.h. die Erfahrung des Dermatologen mit einer bestimmten Rezeptur spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle. Sie stellt eine wichtige Säule in der externen Therapie dar, an welcher der Dermatologe nicht rütteln lassen will.
Während in anderen medizinischen Fächern längst die Empirie von naturwissenschaftlichen Fakten abgelöst wurde, ist die Dermatologie einer der wenigen Gebiete, wo diese Empirie noch \"fröhliche Urständ\" feiert.
Sie ist mit einem Haus vergleichbar, dessen Fundament Sie mit Ihren wohlgemeinten Optimierungsvorschlägen erschüttern wollen. Das will der Dermatologe nicht zulassen. Dann würde nämlich das ganze Haus, das über Jahre und Jahrzehnte mit diesen Erfahrungen aufgebaut wurde, in sich zusammenfallen. Ich habe diese Erfahrungen auch mit fehlerhaften Rezepturen in Standardwerken der Dermatologie machen müssen. Es hat zwischen 5 und 16 Jahren gedauert, bis man mir erlaubt hat, diese Fehler auszumerzen. Mit Rationalität hat dies alles nichts zu tun.
Wenn Sie also den Arzt von den Optimierungsvorschlägen nicht überzeugen konnten, und Sie schreiben das in Ihre Herstellungsanweisung, wird der revidierende Pharmazazierat gerade dies beanstanden und Ihnen vorhalten, dass Sie eigentlich diese Rezeptur nicht hätten anfertigen dürfen. Und schon haben Sie ein Monitum im Revisionsprotokoll stehen, das Sie auch noch Jahre später verfolgen wird.
Wir stecken da in einem echten Dilemma!!!

Zück

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  • Beiträge: 206
Aw: Uneinsichtige Dermatologen
« Antwort #2 am: 11. Dezember 2012, 00:40:12 »
Liebe Kollegen/innen,

ungeachtet der psychologischen/psychosomatischen Komponenten der dermatologischen Therapie
können wir uns nicht den Tatsachen der gesetzlichen Kassenpraxis verschließen: Wenn Sie eine Rezeptur
anfertigen sollen, die den momentan gültigen Standards von Machbarkeit (im Sinne von Kompatibilität),
Haltbarkeit (unter einer Woche), Plausibilität (halte ich nach wie vor nicht apothekenprüfwürdig) nicht entspricht,
dann vollführen Sie es nicht; versuchen Sie es mit der Arztpraxis abzuklären, in ca.80% der Fälle
erreichen Sie eine Lösung (und sei es mit der Vorzimmer-Helferin).
In den restlichen Fällen handeln Sie nach bestem Wissen und Gewissen, nach Abfragung jeglicher Hilfsmittel- und Informationsquellen          (dokumentiert bitte bis aufs äußerste, gell !).
Retaxationen erfolgen erst frühestens nach vier Monaten. Im Fall einer Retax überschwemmen Sie die entsprechende Stelle
mit den von Ihnen angefertigten Formularen. Meiner Erfahrung nach sitzen an den beauftragten Stellen PTA´s, die noch
keine Fortbildung von Dr. Wolf oder sonst jemandem genossen haben, sondern sich stur an die (verordnete) Taxe halten.
Dabei kommt es nach meiner Erfahrung (AOK Hessen) außerdem noch vor, daß statt der verordneten Taxe der Einkaufspreis als
Abrechnungspreis angesetzt wird....
Für die erforderlichen Nachfragen, Klärungen etc. sollten Sie mit der entsprechenden PZN \"pharmazeutische Beratung\" in
Anrechnung stellen !!

Mit besten Grüßen

G.Zück